Gleich bekomm ich wieder mal einen auf den Deckel. Ich bin zwar Wahlkölnerin- und das gerne – aber der Kölner Karneval war für mich als Süddeutsche doch etwas enttäuschend. Immer wenn ich das verlauten lasse, ernte ich ziemlich böse Blicke, aber damit kann ich leben. Warum ich das finde, wird euch gleich mein Beitrag zu Karneval zeigen. Ich hab euch nämlich aus dem letzten Jahr viele Bilder mitgebracht und möchte euch ein wenig in die Welt der alemannischen Fastnacht entführen.
Der Kölner Karneval lebt von seinem Charme. Von deutschsprachigen Schunke-Liedern, seinen Büttenreden und den vielen einfallsreichen verkleideten Jecken, die sich zu tausenden auf den Straßen tummeln. Das finde ich am Kölner Karneval richtig richtig toll. Dass jeder seiner Fantasie freien Lauf lassen kann und in jeglicher Form verkleidet auf die Straße geht. Ein Punkt für die Rheinländer 😉
Nein, im Ernst, es soll ja hier kein Wttbewerb geben, nicht umsonst ist der Karneval im Rheinland groß und beliebt. Ich möchte euch lediglich zeigen, wie Karneval woanders gefeiert wird. Viele von euch kennen die schwäbisch-allemannische Fastnacht auch und wissen, dass es da noch etwas uriger zugeht. Zwar gibt es da keine Funkemariechen, dafür aber viele fantasievolle und mysteriöse Wesen aus der Unterwelt, die uns in Konfetti baden.
Ursprung und Hintergrund von Karneval oder Fastnacht
Karneval ist eine uralte, vorchristliche Tradition. Laut Wikipedia wurde eine Art Vorläufer des Karnevals schon vor 5000 Jahren in Mesopotamien als symbolische Hochzeit eines Gottes gefeiert. Während diesem 7-tägigem Fest waren die Sklaven ihren Herren gleichgestellt – dieses Gleichheitsprinzip ist noch heute zu erkennen; auch ist die Karnevalszeit eine Art Aufbegehren des Volkes – daher die vielen Umgzugswägen mit einer meist politischen Botschaft oder Kritik, heutzutage oft in äußerst satirischer Darstellung.
Der bekannteste Ursprung von Fastnacht oder Karneval ist allerdings die Vertreibung des Winters und der Geister. Schon die Griechen feierten mit Karneval die Erwachung der Natur im Frühjahr. Wahrscheinlich wurde Fastnacht – in einer anderen Form als heute – schon in vorchristlicher Zeit zelebriert. Das Volk verkleidete sich als Kobolde, Geister und andere Naturwesen und versuchte, mit Holzstöcken und dem Krach von Rasseln die Geister der dunklen Jahreszeit zu vertreiben und so den Frühling herbeizurufen.
Auch die Kirche scheint wider Willen ihren Beitrag zu dem bunten Treiben geleistet zu haben. Als heidnisches Fest missfiel es der großen Institution, aber das Volk sich ein so spaßiges und traditionelles Fest nicht einfach verbieten zu lassen. Schließlich war es unrsprünglich die Symbolik für Gleichheit und Anerkennung der niederen Klassen. Somit deutete die Kirche das Fest zu ihrem Zweck um.
Während der 40 tägigen Fastenzeit als Vorbereitung auf das Osterfest sollte weniger Fleisch gegessen und mehr gebetet werden – aus der Vertreibung von bösen Geistern wurde nun die Vetreibung des Teufels. Als Vorbereitung feierte man nunmehr das lateinische „Carne vale“, was soviel bedeutete wie „Fleisch adé“ – daraus entstand wahrscheinlich das Wort Karneval.
Auch heute erkennt man vor allem in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht noch sehr viel von dem vorchristlichen Ritus. Im alemannischen Raum (Kreis Lörrach an der schweizer und französischen Grenze, südwestlichster Teil Deutschlands) gibt es sogenannte Cliquen. Das sind Fastnachtsvereine, die sich in verschiedene Verkleidungen werfen und/ oder auch – vor allen am Fastnachtsumzügen – Guggenmusik spielen. Guggenmusik ist typisch Baslmusik für die schwäbisch-alemannische Fastnacht, wobei schiefe Töne mehr als beabsichtigt sind. Dazu kommen meist Ratschen und Trommeln. Ein Riesenspaß, denn die Musik ist äußerst rhytmisch und es fällt schwer, nicht mit rumzuhampeln :-).
Verkleidung an Fastnacht – das Häs
Die Narrenkostüme bezeichnet man hier traditionell als Häß. Das Besondere dabei ist, dass die Kleidung meist noch handgearbeitet und die Masken handgeschnitzt sind – dementsprechend ist so ein Häs auch keine günstige Anschaffung. In meiner Heimatstadt sind das vor allem Naturgestalten wie Buchsgeister (Grenzach-Wyhlen hat deutschlandweit den gößten zusammenhängenden Buchswald, der unter Naturschutz steht), Narren und vor allem – meine Lieblingscliquen – Hexen!
Fastnacht wird vor allem auf der Straße gefeiert. Mit dem „schmutzigen Dunschtig“ (schmutziger Donnerstag, Weiberfastnacht) beginnt die Fastnacht (meist) im Februar, nachdem sie am 11.11. des Vorjahres ja bekanntlich eröffnet wird, und endet mit Aschermittwoch. Etwas typisch alemannisches ist übrigens auch Hemliglunki: am schmutzigen Dunschtig verkleidet man sich mit weißen (am besten) Nachthemden, Zipfelmützen und rot/blau-gestrieften Kniestrümpfen und wird in der Schule dann von den Guggenmusikern erlöst. Das war als Kind immer der schönste Teil 🙂
Nun aber vorerst genug Allgemeinbildung. Hier ein paar Bilder der alemannischen „Schönheiten“ :-).
Zuerst einmal die „lieben“ Narren:
Fastnachtsumzüge – die Hexen sind los!
Ansonsten gibt es über die Fastnachtstage neben Hallenpartys natürlich auch viele Umzüge. An manchen größeren Umzügen nehmen viele Cliquen aus der Umgebung teil. Neben der Verkleidung imitieren viele Narren auch Riten, durch die die ursprüngliche Bedeutung der Fastnacht – das Vertreiben der Geister – noch Anklang findet. Hexen und andere mystische Wesen erobern die Straßen, fegen mit ihren Besen durch die Gegend, erschrecken, schlittern auf dem Boden und bauen Menschenpyramiden.
Achtung, Konfetti!
Wie auch bei der Kölner Fastnacht werden hier großzügig Süßigkeiten, Blumen und Kleinkram verteilt. Anders als im Rheinland muss man hier allerdings stets auf der Hut sein: vor Konfetti! Durch die Masken erkennt man die Cliquenmitglieder nicht, was für diese natürlich ein gefundenes Fressen ist: wer Glück hat, wird gnädigerweise nur mit Konfetti beworfen, wer nicht, den erwischt es richtig: meist schnappen sich mehrere Narren eine Person (oftmals Bekannte), schleppt sie in einen mitgezogenen Wagen (oder ganz schlimm: in einen großen Käfig, den die Narren im schlimmsten Fall noch drehen) und „seift“ das Opfer so richtig ein. Konfetti wird in die Jacke, unters T-Shirt, sogar in die Hose, Socken und Unterhose gestopft und der Kopf meist richtig durchgewuschelt. Meistens findet man noch vor der nächsten Fastnacht in allen Ecken der Wohnung, in Socken und Unterhosen Konfettireste…
Geister vertreiben – am besten mit richtig gruseligen Kostümen
Nur selten sieht man bei der schwäbisch-alemannischen Fastnacht Engel, Prinzessinnen oder Feen (ausgenommen am Kinderumzug!). Hier geht es eher gruselig zu – vor allem beim Nachtumzug!
Ich hoffe, ich konnte euch einen interessanten Einblick in die etwas andere Fastnacht geben und euch für ein wenig süddeutsche Tradition begeistern!
Wie feiert ihr Fastnacht? Was mögt ihr besonders?
In dem Sinne: Kölle Alaaf, Helau und Nari-Naro!
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